Undine geht _ „Die Frau, das Weibliche, ist noch sehr unerlöst.“ Gudrun Liemberger/GuGabriel, Sängerin _ Wien 24.10.2023

Undine geht _
Gudrun Liemberger/GuGabriel, Sängerin, songwriter, Schauspielerin_ Wien _
acting_ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ 
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 
Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)
Undine geht _
Gudrun Liemberger/GuGabriel, Sängerin, songwriter, Schauspielerin_ Wien _
acting_ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ 
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 
Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Undine geht _

Gudrun Liemberger/GuGabriel, Sängerin, songwriter, Schauspielerin_ Wien _

acting_ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ Wien _

50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 

Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Ingeborg Bachmann _ 1962 _
Foto: Heinz Bachmann

Zum Projekt: Das Bachmann Projekt „Station bei Bachmann“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst.

Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.

Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.

Den Schwerpunkt bildet dabei Werk und Leben Ingeborg Bachmanns. Ebenso weitere Künstler:Innen.

Liebe Gudrun Liemberger, GuGabriel, wie liest Du den Text „Undine geht“ von Ingeborg Bachmann? Welche Grundaussagen gibt es da für Dich?

Dass wir in einem sehr „verkrusteten“, auf keinen Fall ganzheitlichen System leben und das ein großes Problem für die gesamte Gesellschaft darstellt. Wahrheit und Wahrhaftigkeit sind oft eher latent vorhanden und das geht auf Kosten aller davon betroffenen Beziehungen.

Auch ein direkter emotionaler Ausdruck ist dann nicht möglich, weil man keine Vertrauensbasis hat. Männer und Frauen sind total unterschiedlich und die wenigsten schaffen es – noch immer – eine ehrliche, auf vielen Ebenen erfüllende und nachhaltige Beziehung zu leben.

Auch mit großer Lust und Leidenschaft können die wenigsten Paare nachhaltig umgehen.

Das Entstammen aus „zerstörten“ Familien- und Eltern-Beziehungen macht es sicher noch schwerer diese zerstörerischen Strukturen aufzulösen und zu heilen. Ein Bewusstseinsmangel sowie ein abgespalten Sein von der Natur erschweren den Zugang zu Wissen und Reflexion. Wenn man diverse Welten oder Gegensätze nicht miteinander vereinbaren und verbinden kann, ist eine Flucht in Extreme meist vorprogrammiert.

Wie siehst Du „Undine“?

Undine sehe ich als sehr leidenschaftliche und unmittelbare Frau, die einen ganz direkten Zugang zu Liebe und auch zur Erfahrung von körperlicher Liebe hat. Sehr leidenschaftlich und emotional. Intelligent und sensitiv sieht sie vieles, was in unserem System tatsächlich falsch läuft, bzw. sogar von der Gesellschaft als „normal“ und begrüßenswert angesehen wird und sie als Außenseiterin, möglicherweise auch psychotisch dastehen lässt.

Mittels ihrem enormen Tiefgang – und ihre offensichtliche Hilflosigkeit sich ausreichend abgrenzen zu können und ihren Zugang bewusst zu ändern – ist sie dieser emotionalen Zerstörung und auch Sehnsucht total ausgeliefert. Wie eine Süchtige, die sich abhängig gemacht hat, oder es wurde. Sie schafft es nicht, in ihre Selbstliebe zu kommen und damit in ihre Selbstermächtigung.

Ich denke, Wasser und die Natur an sich helfen ihr dabei wieder zu sich zu kommen. Weil die Natur nicht wertet, aber ein großer Heiler und Beschützer ist.

„Undine geht“ wurde vor gut 60 Jahren veröffentlicht. Was hat sich seit damals im Rollenbild von Frau und Mann verändert und was sollte sich noch ändern?

Geschiedene Frauen sind nicht mehr verpönt, das ist gut. Es gibt zwar jetzt mehr Frauenquoten da und dort aber oft repräsentieren sie eher das männliche Prinzip und nicht die positiven Qualitäten und Eigenschaften einer Frau. Da gibt es noch viel Aufholbedarf. Auch immer noch bei der Bezahlung.

Die FRAU, das Weib-liche, ist großes Thema und noch sehr unerlöst. Eigentlich verkörpert eine Frau das Empfangende, Tragende, Beschützende, Liebende, Weite, Heilende. Wenn man sich unsere Welt so ansieht, sind wir hier (noch) total gescheitert…

Der Monolog geht mit der patriarchalen Gesellschaftswelt schonungslos ins Gericht. Wie siehst Du die Situation patriarchaler Macht heute?

Ich sehe es so, dass wir aufgrund der noch immer vorherrschenden patriarchalen Strukturen Kriege und Zerstörung haben in der Welt. Dass wir die Natur mit Füßen treten, dass es ausschließlich um Profit geht. Zu 99,9 Prozent. Auf Kosten aller. Ich glaube, dass da zum Großteil Männer dahinterstehen.

Und dass es kaum Umsicht und ganzheitliches Denken gibt. Eine Win- Winsituation für alle beteiligten gibt es kaum. Die ganze Welt scheint eine Börse zu sein.

Frauen werden oft immer noch als naiv und unterbemittelt hingestellt oder dienen zum „Herhalten“. In vielen Fällen ist das so.

Der Text drückt auch viel Trauer über das Scheitern der Liebe und eines Miteinander der Geschlechter im persönlichen wie gesellschaftlichen Leben aus. Welche Auswege siehst Du da?

Ein ehrlicher Umgang wäre ein guter Anfang. Ehrliche und liebevolle Kommunikation. In erster Linie eigentlich mit einem selbst. Selbstliebe und Respekt und Achtsamkeit für einander. Bewusstsein schaffen, Probleme aufarbeiten und nicht ständig unter den Teppich kehren und vertuschen. Gesellschaftlich und politisch gesehen.

Solange so viele überall mitmachen wo Unrecht passiert, werden wir da nicht weiterkommen. Wie auch? Und ich glaube jeder ist gefordert, sich selbst zu heilen und zu lieben und zu sehen, wie er sich ein Umfeld schaffen kann, das freudvoll ist.

Am ärmsten dran sind Menschen, die friedvoll und sensibel und möglicherweise nicht gefestigt sind. Und am schlimmsten ist es wahrscheinlich für unsere Kinder. Solange wir uns außerdem nicht als Einheit begreifen, die mitsammen hier ist und sich die Welt schafft… wird es auch schwierig sein etwas zu ändern. Lieben und die Energie hochhalten… wieder Leichtigkeit schaffen… bei sich bleiben. Gerade in Beziehungen. Ehrlich sein.

Was kannst Du als Frau und Künstlerin von „Undine geht“ in das Heute  mitnehmen?

Diese Zerrissenheit, Leidenschaft und das Drama erinnern mich an Situationen in der Vergangenheit in meinem eigenen Leben. Einerseits ist so etwas sehr intensiv, andererseits muss man sehr weit sein, um sich nicht zu zerstören.

Was bedeutet Dir Natur?

Ich liebe die Natur, arbeite gerne mit und in ihr und sehe mich als Teil davon. Bin sehr verbunden mit allem. So geht es mir am besten.

Ich habe auch das Gefühl, dass wir alle zusammenarbeiten. Alle Elemente, alle Energien. Je bewusster ich sein kann, umso mehr sehe und spüre ich das, ohne mich abhängig zu machen. Das ist ein sehr spannender Prozess.

Ich liebe die Gewalt der Elemente. Das Archaische. Ich lasse mich gerne von all diesen Ausdrücken berühren. Ob Wind, Wetter, Sonne, Mondlicht in der Nacht, Erde, Sand,…. und ich freu´ mich über die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt.

Und wie reich die Natur gibt, wenn das Saatgut gut ist. Das ist auch ein großes Thema. Es ist an der Zeit, uns unsere Natur zurückzuholen.

Was bedeutet Dir das Element Wasser?

Ich bin in einem Wasserzeichen geboren und liebe Wasser. Auch hab´ ich großen Respekt davor. Es kann gewaltig sein und man kann ertrinken. So ist das auch mit den Emotionen.

Wie lebst Du den Kreislauf der Jahreszeiten?

Seit ich wieder mehr im Garten arbeite, bekomme ich das auch wieder mehr mit. Den Kreislauf der Natur. Ansonsten ist es sehr unterschiedlich und kommt auch sehr darauf an, welche Projekte ich gerade umsetze. Und wo.

Wie kann der moderne Mensch in Harmonie zur und mit der Welt leben?

Indem jeder bei sich anfängt Dinge in Ordnung zu bringen, und wir gemeinsam alles was nicht stimmt und funktioniert anders machen. Mit einem Bewusstsein für Natur und Artenvielfalt, gesundem Wasser, Boden und Saatgut. Wahrheit leben. Das ist eine Grundherausforderung. Politisch gesehen findet meiner Meinung nach seit Jahren und jetzt verstärkt eine Art Krieg gegen die Natur statt. Die Natur wird aber immer gewinnen. Auch ohne uns. Und es ist ein Frevel, dass bereits so viel zerstört wurde und wird.

Und wenn wir uns nicht jetzt umbesinnen und zusammenhalten – eine möglichst schöne Welt selbst machen, wird das nicht passieren. Sonst wärs schon passiert. Wir – jeder Einzelne – ist hier gefordert. Das glaub ich.

Was braucht Liebe immer, um zu wachsen, blühen?

Selbstliebe und Vertrauen, Dankbarkeit und Aufmerksamkeit. Achtsamkeit.

Was lässt Liebe untergehen?

Achtlosigkeit. Desinteresse. Selbstgerechtigkeit.

Wie war Dein Weg zur Musik?

Leidenschaftlich, holprig, steinig, zeitintensiv, fordernd, erfüllend und wunderschön.

Welche aktuellen Projektpläne hast Du?

Ich arbeite an meinem ersten deutschsprachigen Album, ab Jänner probe ich auch wieder für ein neues Theaterstück und ein englischsprachiges Album ist auch schon „in der Lade“.

Welches Zitat aus „Undine geht“ möchtest Du uns mitgeben?

Ihr Menschen! Ihr Ungeheuer!

Darf ich Dich zum Abschluss zu einem Akrostichon zu „Undine geht“ bitten?

Unendlich dehnt sich eine

Neue Welt vor unseren Augen

Die Möglichkeiten grenzenlos und groß

Ich höre überall schon einen

Neuen Frühling und

Einigkeit bahnt sich seine Wege

Gibst du mir deine

Ewigkeit für eine gemeinsame?

Hältst du Liebe überhaupt so lange aus?

Tot ist man nur auf der Durchreise

Undine geht _
Gudrun Liemberger/GuGabriel, Sängerin, songwriter, Schauspielerin_ Wien _
acting_ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ 
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 
Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Undine geht _

Gudrun Liemberger/GuGabriel, Sängerin, songwriter, Schauspielerin_ Wien _

acting_ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ Wien _

50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 

Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Walter Pobaschnig, 9_23

https://literaturoutdoors.com

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