Lieber Volkmar Mühleis, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Morgens mache ich für uns Frühstück, danach schreibe ich, wenn ich nicht unterrichten muss. Unsere Katze sieht dem Ganzen tatenlos zu.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Das ist eine verständliche, aber doch sehr schwierige Frage. An unserer Kunsthochschule in Gent habe ich Studierende aus der Ukraine, Russland, Israel, u.a. Ins Gespräch zu finden bleibt unendlich wichtig. Krieg ist ein Ausfall der Sprache, wie die Philosophin Antje Kapust treffend schrieb. Zugleich nimmt die Zerstörung der Natur zu. Im ausgehenden Mittelalter sprach man vom Narrenschiff, der Torheit, die am Ende regiert. Wie kommen wir darüber hinaus? Die Frage bleibt ungeklärt und ist doch lebenswichtig.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Was genau ist mit jetzt gemeint? Die großen Herausforderungen sind offensichtlich die Erhitzung des Klimas und die geopolitischen Veränderungen nach dem Kalten Krieg. Die Künste entfalten die Spiel- und Denkräume der Imagination, der Poesie, des Ausdrucks von Erfahrung, Wahrgenommenem, Vorstellbarem. Wo immer sich diese Formen und Phänomene im Alltag auswirken, wirken sich die Künste aus.
Was liest Du derzeit?
Lichtsaite von Zbigniew Herbert.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Wenn wir wollen, dass man uns Glauben schenkt, müssen wir zurückhaltend sein.“ Wisława Szymborska
Vielen Dank für das Interview, lieber Volkmar, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literatur-, Musik-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Volkmar Mühleis, Schriftsteller, Musiker
Zur Person _ Volkmar Mühleis, geboren 1972 in Berchtesgaden, lebt in Brüssel und
unterrichtet dort und in Gent an der LUCA School of Arts Philosophie und
Ästhetik. Zu seinen literarischen Veröffentlichungen zählen die
Gedichtbände ‚Das Recht des Schwächeren‘ sowie ‚Fête de la Musique‘, des
Weiteren sind von ihm das ‚Tagebuch eines Windreisenden‘ und mehrere
Novellen erschienen. Er ist Mitglied im PEN Zentrum für deutschsprachige
Autoren im Ausland.
Mehr auf www.volkmarmuehleis.eu
Foto_Alexander Mühleis
Walter Pobaschnig _ 15.10.2023