50.Todestag Ingeborg Bachmann _ Undine geht _ „die große Frage, und die große Aufgabe, wie schafft man Liebe?“ Loulou Omer, Choreografin _ Wien 14.10.2023

Undine geht _
Loulou Omer,
Choreografin, Musikerin und Dichterin _ Wien _

Thematisch-szenisches Fotoshooting _ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ 
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 
Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Zum Projekt: Das Bachmann Projekt „Station bei Bachmann“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst.

Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Performance, Diskussion ineinandergreifen.

Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.

Den Schwerpunkt bildet dabei Werk und Leben Ingeborg Bachmanns. Ebenso weitere Künstler:Innen.

Liebe Loulou Omer, wie liest Du den Text „Undine geht“ von Ingeborg Bachmann? Welche Grundaussagen gibt es da für Dich?

Wie ein Manifest gegen die patriarchale, erdrückende und sterile Gesellschaft, getragen von einem einzigartigen und einsamen Wesen, einem Mischlingswesen, nicht ganz menschlich, nicht ganz sozial, flüssig, sehr emotional und weiblich. Sie spricht das Manifest, ohne politische Doktrin, ohne ein beschützendes „wir“, aus einer höchst persönlichen Lebenserfahrung heraus und eigenem Schicksal. Vielleicht ist Undine etwa, wie Kassandra, eine Weissagerin, die auch weiß, dass ihr niemand zuhört.  Ingeborg Bachmann sagte, dass Undine die Kunst ist.  Ich mag sie so sehen.

„Undine geht“ wurde vor gut 60 Jahren veröffentlicht. Was hat sich seit damals im Rollenbild von Frau und Mann verändert und was sollte sich noch ändern?

Geändert hat sich wahrscheinlich, dass ich gefragt bin. Noch ändern sollte sich zuerst, überall gleiche Rechte, gleiche Bezahlung und ein Ende der Gewalt.  Danach kann man tiefer gehen und versuchen undogmatisch zu denken, ich meine, zu denken.

Der Monolog geht mit der patriarchalen Gesellschaftswelt schonungslos ins Gericht. Wie siehst Du die Situation patriarchaler Macht heute?

Diese Macht ist omnipräsent, sie bestimmt nicht nur über Besitz und Verteilung von Geld und bei politischen Entscheidungen, sondern, und das finde ich von höherer Bedeutung, über grundlegende Denkweisen unserer Gesellschaft. Damit meine ich, wie wir die Welt in festen, nicht-zu-hinterfragenden Kategorien für uns ordnen und „das Gute“ mit Kontrolle gleichsetzen. Die Kontrolle über die Natur, über „die anderen“, über die Frauen, über die Krankheiten, über die Zeit, über die Kunst.
Ich verstehe es als Ausdruck einer pathologischen Zivilisations-Angst. Die Angst vor der Sinnlosigkeit unseres Da- Seins, die auch die Angst vor dem Tod ist und doch nicht als solche gesehen wird.

Der Text drückt auch viel Trauer über das Scheitern der Liebe und eines Miteinander der Geschlechter im persönlichen wie gesellschaftlichen Leben aus. Welche Auswege siehst Du da?

Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob es früher besser war. Das ist doch die große Frage, und die große Aufgabe, wie schafft man Liebe? Durch Gott? Wohltätigkeit? Sozialismus? Yoga? Kunst? Katzenvideos?

Was kannst Du als Frau und Künstlerin von „Undine geht“ in das Heute mitnehmen?

Frei zu sein, meiner Wahrheit zu folgen, auch wenn es einsam ist. Mich in meiner eigenen Art auszudrücken, auch wenn ich riskiere, nicht verstanden zu werden. Kunst als hochwertiges Mittel um die Welt zu verstehen, da sie ein liebevoller Blick ist, auch, und vielleicht, besonders wenn sie die Abgründe berührt.

Was bedeutet Dir Natur?

Schönheit. Liebe. Rätsel.

Wie kann der moderne Mensch in Harmonie zur und mit der Welt leben?

Sich vom Irrsinn der Technologie lösen und aus ihr keine Religion machen, die großen Mächte sind überzeugt sie wären Gott. Oder Geld oder sowas. Es kann also nur auf der persönlichen Ebene beginnen…

Was braucht Liebe immer, um zu wachsen, blühen?

Liebe. Und auch den Willen.

Was lässt Liebe untergehen?

Die Liste ist lang, lieber nicht eintauchen.

Welche aktuellen Projektpläne hast Du?

https://www.odeetencore.org/de/news/

Curriculum Vitae– Interdisziplinäres Projekt über Zeit und Lebensläufe, über die Poesie der Dissonanz.

 „Au Hasard la Mémoire– Hommage und Hinterfragung über Erbe, Zufall und Schicksal.

Rhapsode“ – Wenn mehrsprachige Dichtung, lyrische Prosa und szenisches Schreiben ineinanderfließen und vorgegebene Grenzen überschreiten.

Welches Zitat aus „Undine geht“ möchtest Du uns mitgeben?

„– ich habe euch gesagt: Es ist der Tod darin. Und: Es ist die Zeit daran. Und zugleich: Geh Tod! Und: Steh still, Zeit! Das habe ich euch gesagt. „

Darf ich Dich zum Abschluss zu einem Akrostichon zu „Undine geht“ bitten?

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H         üte sanft das Gold des

T          ages für meinen Sohn.

Herzlichen Dank, liebe Loulou!

Undine geht _
Loulou Omer,
Choreografin, Musikerin und Dichterin_ Wien _

Thematisch-szenisches Fotoshooting _ „Undine geht“ Ingeborg Bachmann (1961) _ 
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ 
Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Undine geht_Erzählung/Monolog Ingeborg Bachmann_Wien_1961

im Interview und szenischem Fotoportrait/Performance_acting Undine

Loulou Omer, Choreografin, Musikerin und Dichterin_ Wien 

50.Todestag_Ingeborg Bachmann_ Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Interview und alle Fotos _ Walter Pobaschnig

Walter Pobaschnig 10_23

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