„neue Möglichkeiten zu finden, um Tanz anzubieten“ Mirjam Stadler, Tänzerin, Choreographin _ Linz 11.10.2023

Liebe Mirjam Stadler, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Mein Tagesablauf ist momentan sehr ungeregelt aufgrund fehlender verbindlicher Anmeldungen für meine Kurse. Seit der Pandemie scheuen die Leute scheinbar Verbindlichkeiten und möchten sich ihre Optionen offenhalten. Sie zeigen zwar Interesse, melden sich aber letztendlich nicht fest an. Aus diesem Grund plane ich nun mehr Workshops statt Kurse. Es ist aber schade, da bei unregelmäßigen Angeboten das Verinnerlichen der Inhalte schwieriger und das Gelernte weniger nachhaltig ist.

Mirjam Stadler
Tänzerin, Choreographin, Tanz- & Musikpädagogin
Integrative Körperarbeit Praktikerin, Psychologin
Natur- & Wildnispädagogin

Es ist also an der Zeit, neue Möglichkeiten zu finden, um Tanz anzubieten. Nebenbei versuche ich mich mit meinen anderen Standbeinen ein wenig abzusichern, wie z.B. mit meiner Arbeit in einem Waldkindergarten. Zudem möchte ich meine Tätigkeit als Integrative Körperarbeit Praktikerin ausbauen, um Menschen dabei zu helfen, ihr Leben wieder zu genießen – ich glaube, genau das braucht die Welt gerade: Menschen, die wieder mit mehr Leichtigkeit glücklich durch’s Leben gehen können.

Im Moment stecke ich auch mitten im Planungsprozess für mein neues Tanzprojekt, das im Dezember in die Probenphase starten wird. Ich freue mich schon sehr auf diesen künstlerischen Prozess.

Es ist nicht immer einfach, all meine Tätigkeitsfelder miteinander zu vereinbaren und dabei zu berücksichtigen, dass der Tag nur 24 Stunden hat, aber ich gebe mein Bestes.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Das Wichtigste für uns alle ist Achtsamkeit und die Rückkehr zur Natürlichkeit. Wir sollten achtsam mit anderen Menschen, Lebewesen, der Natur und auch mit uns selbst umgehen. Wir sollten liebevoll darauf schauen, was ist und was aus seiner Natur heraus werden darf. Der Mensch versucht seit langem, alles nach seinem Wunsch zu formen, ohne zu prüfen, ob das, was er glaubt zu wollen, auch das ist, was er wirklich braucht und was ihm guttut.

Wir sollten unsere Umwelt, sei es menschlich oder nicht-menschlich, mehr wertschätzen und sorgsam mit ihr umgehen – und genauso auch mit uns selbst.

(Zusätzlich glaube ich, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen wichtig ist. Viele Menschen stecken derzeit in finanziellen Schwierigkeiten und leiden darunter psychisch. Gleichzeitig können sie sich Dinge, die für ihre psychische Gesundheit gut wären, nicht leisten, wie zum Beispiel Tanzkurse oder Integrative Körperarbeit. Und Künstler*innen könnten sich endlich auf ihre künstlerische Arbeit konzentrieren, ohne Förderanträge, die dann in einem langwierigen Prozess bearbeitet werden müssen.)

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Tanz/Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Es ist entscheidend, dass wir uns auf unsere Natur besinnen und uns nicht weiter von uns selbst entfernen lassen. Fortschritt sollte im Einklang mit unserer Natur und Menschlichkeit stehen. Die Kunst hat dabei die Aufgabe, die Gesellschaft für diese Themen zu sensibilisieren, selbst wenn sie unangenehm sind. Es ist an der Zeit, hinzusehen. Durch Kunst können wir erfahren, was wirklich wichtig ist. Es ist die Zeit für kritische, philosophische und wissenschaftliche Kunst – dass wir als Künstler*innen zugleich Forscher*innen sind, die ihre Erkenntnisse durch Kunst erlebbar machen, um ein tieferes Verständnis dafür zu ermöglichen. Wir können nicht einfach ignorieren, was wir erleben und mit unserer gesamten Existenz begreifen, da wir es nicht nur denken (wissen), sondern auch fühlen. Gleichzeitig kann Kunst dabei helfen, wieder bei sich anzukommen, indem sie uns erleben und spüren lässt.

Was liest Du derzeit?

Derzeit beschäftige ich mich mit der Literatur für meine Yoga-Lehrer-Ausbildung. Es handelt sich dabei um verschiedene Bücher, die sich mit ethischen und philosophischen Fragen des Yoga auseinandersetzen und sich u.a. mit Meditation und Ernährung befassen. Die Bücher bringen diese zusammen mit der physischen Praxis des Yoga, was besonders im westlichen Yoga häufig vernachlässigt wird.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„To inspire people don’t show them your super powers. Show them theirs.“ (Thoughts Wonder)

Vielen Dank für das Interview liebe Mirjam, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Tanz-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

Mirjam Stadler
Tänzerin, Choreographin, Tanz- & Musikpädagogin
Integrative Körperarbeit Praktikerin, Psychologin
Natur- & Wildnispädagogin

5 Fragen an Künstler*innen:

Mirjam Stadler, Tänzerin, Choreographin, Tanz- & Musikpädagogin

Integrative Körperarbeit Praktikerin, Psychologin

Natur- & Wildnispädagogin

Zur Person _ Mirjam Stadler ist eine freischaffende Künstlerin, die in den Bereichen Tanz, Choreographie, Musik, Tanz- und Musikpädagogik sowie Integrative Körperarbeit tätig ist.

Sie legt Wert darauf, ihre verschiedenen Fachkenntnisse und Erfahrungen in ihrer Arbeit einzubringen. Sowohl in ihren Angeboten als auch in ihrer künstlerischen Arbeit kombiniert sie häufig ihr Wissen aus den Bereichen Tanz, Musik, Psychologie, Integrative Körperarbeit und Naturpädagogik, um ein vielseitiges Programm anzubieten.

www.mirjam-stadler.com

Fotos_ Profilfoto: Lupographie; Tanzfotos: Mick Morley

30.9.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

Hinterlasse einen Kommentar