














Station bei Maria Lassnig, Künstlerin (*8.9.1919 in Kappel/Krappfeld Kärnten +6.5.2014 Wien) _
Fotos Atelier-, Wohnhaus Maria Lassnig _ Wien/Margarethen.
Zum Projekt: Das Bachmann Projekt „Station bei Bachmann“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst.
Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.
Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.
Den Schwerpunkt bildet dabei Werk und Leben Ingeborg Bachmanns. Ebenso weitere Künstler:Innen.
Liebe Alexandra Streit-Weinrich, wir sind hier im Atelier- und Wohnhaus von Maria Lassnig in Wien/Margareten. Sind Dir die Orte hier vertraut?
Als geborene Wienerin kenn ich mich hier ganz gut aus, auch wenn der 5. Bezirk einer der wenigen ist, in dem ich nie gewohnt habe. Meine erste eigene Wohnung war aber quasi gegenüber im 6. Bezirk in der Turmburggasse. Eine kleine Dachgeschosswohnung ohne Lift, dafür mit einem externen Abstellraum mit Zugang auf´s Dach und herrlichem Ausblick. Auch ein sehr schöner Altbau und Erinnerungen an eine sehr schöne Zeit. Ich bin dir jedenfalls sehr dankbar für´s Aufspüren dieser kaum bekannten „Lassnig Station“ und freue mich auf unser Projekt.













Welche Eindrücke hast Du vom Haus, in dem Maria Lassnig lebte und arbeitete?
Wenn ich an die Platznot denke, unter der viele junge KünstlerInnen heute leiden, dann muss ich feststellen, dass Maria Lassnig glücklicherweise an einem Ort mit viel Flair arbeiten konnte – und zwar zu einer Zeit, als ihr „Mutting“; wie sie ihre Mutter nannte, noch Lebensmittel nach Wien schicken musste. Das wirft allerdings Fragen auf, die uns vom eigentlichen Thema wegführen würden.

Bemerkenswert finde ich die noch erhaltene Klingel zum Atelier, nicht nur aufgrund ihrer Ästhetik, sondern auch aufgrund des fehlenden Verweises zu einer der bedeutendsten Künstlerinnen dieses Landes. Und dass ich den Eindruck hatte ihre Anwesenheit dennoch zu spüren. Möglicherweise ein Wunschdenken, aber als ich eintraf war ich sofort in „Lassnig Mood“ und das, obwohl ich aufgrund wetterbedingter „Migräne Mood“ den Termin bereits absagen wollte.

Die Tatsache, dass dieser typische Wiener Jahrhundertwende Altbau seine Schönheit erst im Inneren entfaltet, da sicher Teile der Fassade dem Krieg zum Opfer gefallen sind, ergibt jedenfalls schon eine durchaus passende Metapher zum Werk Maria Lassnigs.


Welche Bezüge und Zugänge gibt es von Dir zu Maria Lassnig?
Ich wollte ursprünglich bei ihr studieren. Ich ließ es mir ausreden, da das Gerücht umging, sie wäre den Studentinnen gegenüber stutenbissig und würde ihre männlichen Schüler bevorzugen. Ich bin dann zum Frohner gegangen. Nicht dass ich es bereue bei Frohner gewesen zu sein! Ich finde es lediglich schade, nicht bei Lassnig gewesen zu sein. Den großartigen Roman „Maria malt“ von Kirstin Breitenfellner, sowie eine nicht minder großartige Privatführung durch die Lassnig Stiftung, in der ich viel Persönliches durch ihren langjährigen Begleiter und Assistenten, so wie heutigen Leiter der Privatstiftung Hans Werner Poschauko über sie erfahren konnte, haben mir posthum die Person näher gebracht , deren Werk ich schon als sehr junge Frau bewundert habe. Und sehr schnell wurde mir auch der Mensch Maria Lassnig nahe und nachvollziehbar. Ich werde zwar nie wissen, ob sie gebissen hätte oder nicht, aber ich freue mich auf eine weitere Spurensuche.





Wie siehst Du den Weg Maria Lassnig als Künstlerin? Welche Herausforderungen gab es da?
Auch wenn das jetzt ein wenig platt klingen mag: ich denke, die größte Herausforderung war wohl, dass sie eine Frau war und noch dazu unübersehbar talentiert! In einer Zeit, als Kriegsheimkehrer damit beschäftigt waren, ihr Territorium zurückzuerobern und sich um ihre Traumata zu kümmern. Hinzu kam, dass sie ein in Armut aufgewachsenes Bauernkind war, das sich nicht in die Riege der „Söhne und Töchter“ einordnen konnte. Ausgestattet mit einem spröden Charakter, wenig interessiert an Smalltalk und Selbstdarstellung und dem Kunstmarkt, aber einer echten Leidenschaft für die Kunst. Vielleicht hat sie ja ihre Abneigung gegenüber der Selbstvermarktung noch stärker zu ihrem großen Thema der Selbstwahrnehmung geführt. Ich denke, sie war einer der Menschen, die ich persönlich Verstärker nenne – ausgestattet mit einer verstärkten Sinneswahrnehmung, hochsensibel würde man wohl sagen. Aber auch verschmitzt und selbstironisch. Ich finde es ist alles sehr gut sichtbar in Ihrer Kunst, die ich gar nicht durch zu viel Worte verdünnen möchte.







Wie war Dein Weg zur Kunst und was sind Deine derzeitigen Projektpläne?
Meine Eltern haben sich beim Pinselauswaschen auf der Akademie kennengelernt. Also hab` ich die Malerei lange meine persönliche Erbsünde genannt. Gemalt hab` ich immer. Meine Schwester nicht. Eine Fährte dorthin, dass es wirklich „meins“ ist, aber das hat gebraucht. Wir sind als Kinder nicht Schwammerl suchen gegangen, sondern auf Vernissagen. Da hab` ich mich sehr nach dem Wald gesehnt. Maturiert hab` ich schon mit Schwerpunkt auf bildnerische Erziehung bei Herwig Zens. Und wollte dann Jus studieren, weil ich damals auswendig gelernt habe wie eine Maschine und dachte, es hätte etwas mit Gerechtigkeit zu tun – richtig putzig aus heutiger Sicht. Es gab dann ein großes Gezeter im ganzen Umfeld, die Juristin wollte mir niemand abkaufen. Also dachte ich, ich mach mal die Aufnahmsprüfung, die ich sowieso nicht schaffen werde, damit ich mich dann in Ruhe der Gerechtigkeit widmen kann. Dass ich mir dann doch intensiv überlegt habe, bei wem ich „scheitern“ möchte, zeigt schon, dass ein Teil von mir schon wusste, wo er hingehört. Ich hab` also nicht entschieden, Malerin zu werden, sondern bin irgendwann draufgekommen, dass ich es bin – und das meine ich sehr unromantisch. Die Aufnahmsprüfung habe ich dann mit Bomben und Granaten geschafft, nach 2 statt 3 Tagen. Aber das ist eine andere, wenn auch sehr lustige Geschichte.





Aktuell befindet sich mein Tagebuchprojekt „a monkey a day“ in der finalen Phase mit dem 100. Affen und einer Installation, die die Geschichte quasi fertig erzählt, Daneben entstehen laufend neue Projekte, aber alles zu seiner Zeit.

As a visual artist my art is my language.

Was wünscht Dir für Deinen Beruf als Künstlerin?
Dass ich mit weniger als 50 nicht umgesetzten Ideen von dieser Welt gehe und viele inspirierte und inspirierende Sammlerinnen und Sammler






Wie siehst Du die Möglichkeiten als Künstlerin in Wien?
Toll, weil Wien so überschaubar ist und schwierig, weil Wien so klein ist. Ich möchte ja nicht jammern, aber immer dieses Gejammere! Ein wenig Staubwischen und etwas mehr Umsetzungsenergie wären wünschenswert.

Was möchtest Du Künstler:innen am Anfang Ihres Weges mitgeben?
Man kann nicht everybody´s darling sein! Bleibt euch und eurer Selbstwahrnehmung treu, verirrt euch nicht im Kunstmarkt und werdet nicht gefällig. Versucht nicht originell zu sein, sondern ehrlich, dann werdet ihr einzigartig. Lernt die Regeln gut, damit ihr wisst WIE ihr sie brechen müsst.

Hättest Du mit Maria Lassnig gerne einen Tag in Wien verbracht und wenn ja, wie würde dieser aussehen?
Auf jeden Fall! Mit der jungen wäre ich gerne tanzen gegangen, sie hat es geliebt, so wie ich. Mit der älteren zeichnen in den Tiergarten, obwohl ich eingesperrte Lebewesen schrecklich finde. Um der Maria Lassnig beim Zeichnen zuzusehen, würde ich eine Ausnahme machen. Die alte Lassnig hätte ich vom Atelier abgeholt. Wenn es ihr nicht unangenehm gewesen wäre, hätten wir uns ihre Arbeiten angesehen. In jedem Fall hätte ich sie zu einem bombastischen Essen eingeladen, mit Champagner und allem was dazu gehört. Ihr Leben war so von Armut und Geldsorgen geprägt, dass sie es auch als reiche Frau nicht geschafft hat ihre Ernte zu genießen. Das finde ich sehr traurig.



Darf ich Dich abschließend zu einem Akrostichon bitten?
Malen
Atmen
Rumpf
Innenschau
Atelier
Losgelöst
Arnulf
Singen
Sessel
New York
Informell
Gedicht











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