Liebe Elisabeth Wandeler-Deck, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Meist erwache ich früh, d.h. um 6 Uhr herum, ich überlege mir, einen Espresso zuzubereiten, oft stehe ich dann auf, gehe in die Küche, leise, setze Kaffee auf, im Warten einige Bewegungen für Hüfte etc., giesse den Kaffee ein, trage die Tasse zum Bett, setze mich ins Bett, lese, bis ich Küchengeräusche höre, stehe auf, lasse das Bad einlaufen, setze mich an den Tisch, sage fast nichts, lese Zeitung etc.
Manchmal dann in die Stadt, irgendein Termin, oft die Gesundheit betreffend, ins Kaffeehaus, zurück an den Stadtrand, lesen, Klavier, Gitarre, Mais, mich anschleichen an das, was punkto Schreiben offen; ähnlich aber anders dann wenn ich in die Migros etc. es gibt eine Einkaufsliste, all das so Umrandungen von SchreibenLesenSchreibenAusdruckenLesen.
Seit einer Weile also flackernde Zeitverläufe und doch etc. Oft kommt auch am Abend Besuch, ich gehe aus, etc. mache weiter etc.

improvisierende Musikerin (Klavier, Gitarre, Wörter)
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Für uns alle kann ich nicht sprechen, ja, zuhören vielleicht, singen im Geheimen, nachdenken auch, ich weiß nichts von „uns allen“, etc. und doch, ja,
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Zu fragen, im Moment des Jetzt, des Morgen, des Gestern, wen küssen. Und wen küsse ich. Kunst will weiter entstehen etc. im Hin und im Her. Im et cetera. Was wird wesentlich sein, dies weiterfragen.
Was liest Du derzeit?
Ich habe immer Stapel von Büchern, Zeitschriften etc. um mich herum. Die letzten Tage intensiv Triëdere zu Werner Hamacher und von Werner Hamacher, Was zu sagen bleibt; Bodo Hell, Begabte Bäume; Flan O‘Brian, At swim-two-birds; etc.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Aus “Le temps du sommeil” von Francis Alÿs: „In the beginning, there is a situation where many people cross paths. If somebody were to say something to someone and that someone were to repeat it to someone else, and that someone else were to repeat it to someone else, then, at the end of the day, something would be talked about but the source would be lost along the way”
Vielen Dank für das Interview liebe Elisabeth, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literatur-, Musik-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Elisabeth Wandeler-Deck, Schriftstellerin, improvisierende Musikerin (Klavier, Gitarre, Wörter)
Zur Person_Elisabeth Wandeler-Deck
geboren 1939, aufgewachsen in Zug, lebt in Zürich-Affoltern und anderswo. Schriftstellerin improvisierende Musikerin (Klavier, Gitarre, Wörter). Viele Buchveröffentlichungen, zuletzt „attacca holdrio“, Lyrik, edition sacré, Zürich 2020; versionenlust ECHO, edition Howeg, Zürich 2022; Antigone Blässhuhn Alphabet so nebenher, Ritter Verlag Klagenfurt 2022. Bildtextarbeiten im Netz. Mitglied des Improvisationsquartetts bunte hörschlaufen. Basler Lyrikpreis 2013, Werkjahr der Stadt Zürich 2017, Writer in Residence in Maggia TI 2023.
Aktuelle Buchneuerscheinung Elisabeth Wandeler-Deck:
Elisabeth Wandeler-Deck, Antigone Blässhuhn Alphabet so nebenher. Ritter Verlag

„Das Blässhuhn: es taucht unter, kommt an unerwartetem Ort und Zeitpunkt wieder zum Vorschein, so auch Antigone, als volatile Figur, Fragestellung, Projektionsfläche. Als widersetzliches Mädchen trägt sie, der Etymologie ihres Namens nach, ein „Gegen“ in
sich wie auch „Geburt“ und „Abstammung“, zieht Spuren nach verwandtschaftlichen
Banden und durchkreuzt literarische Felder. Ein Ordnungsprinzip von A bis Z steckt den täuschend klaren Rahmen ab für Prosaminiaturen, Gedichte, Notate und Listen, Thesenhaftes oder in Zeitungen Vorgefundenes zu Affoltern und Baden, den lokalen Koordinaten einer für Reflexion, Theorie und Traumhaftes ebenso wie für Konkret-Soziales durchlässigen Textur.
Durch das fragile alphabetische Raster hindurch bricht sich das Diskontinuierliche, Wilde und Chaotische der Erscheinungen, Beobachtungen und Gedanken Bahn – von Elisabeth Wandeler-Deck virtuos zum Ausdruck gebracht in immer wieder neuen Formfindungen, die ihre Qualität gerade aus der Apperzeption von Sprüngen, Unterbrechung und Kontamination beziehen. Antigone Blässhuhn Alphabet so nebenher ist ein ästhetisch wie politisch brisantes Buch: ein flirrendes Dokument von Selbstverortung und präzises Modell kalkulierter Überschreitung.“
Antigone Blässhuhn Alphabet so nebenher
Elisabeth Wandeler-Deck, Antigone Blässhuhn Alphabet so nebenher. Ritter Verlag
ISBN: 978-3-85415-646-8
Preis: €19,00
184 Seiten, brosch., erschienen 2022
Foto_Dirk Skiba
1.5.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.