„Ich denke, dass die simpelsten Dinge auch die wichtigsten sind“ Melinda Bauer, Theaterpädagogin _ Mannheim 14.6.2023

Liebe Melinda Bauer, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Morgens nach dem Aufstehen begrüßt mich erstmal eine Hundeschnauze. Nach kurzem Streicheln und einem Kaffee gehe ich mit meiner Hündin eine Stunde lang ins Grüne. Diese Stunde ist extrem wichtig für mich, es ist eine Stunde in der ich meine Gedanken ordnen kann.

Danach telefoniere ich mit meiner besten Freundin, ein Ritual seit unserer Kindheit.

Meine Arbeit ist ein Switch zwischen TheaterLiteraTour – meinem Projekt für Kinder und Jugendliche in Krankenhäusern und Hospizen, und meinem Nebenjob als Dolmetscherin. Also ein starker Kontrast zwischen der surrealen Welt und der Realität, mit Kostümwechsel und allem was dazu gehört .

Melinda Bauer, Theaterpädagogin

In meiner Theaterarbeit bin ich Fee Skara die schwerkranke Kinder, zusammen mit ihrem Monster Milo, aus ihrer Märchenwelt Anaru besucht, und Hoffnung in die Klinik bringt. Grundlage meines Projektes sind szenische Lesungen, begleitet von theatralischen Elementen und Musik, welche die Handlung unterstreichen. Die Märchenheldin taucht mit den Kindern in ihre magische Welt ein, in der sie sich gemeinsam in lustige und spannende Abenteuer stürzen. Mein Buch erzählt vom Leben, Freude, Hoffnung und auch von Not. Mit den Helden aus dem Märchen gehen die zuhörenden Kinder ohne Angst den gefahrvollen Weg dem guten Ende entgegen. Das stärkt das Vertrauen in die eigene Kraft, was den Heilungsprozess fördert. Skara besitzt magische Kometensplitter, die sie nach der Theateraufführung den Kindern als Talisman und Mutmacher schenkt. Dieses Projekt, kranken Kindern glückliche Momente zu schenken, bedeutet mir sehr viel. Über den deutschsprachigen Raum plane ich auch Besuche in Ungarn.

Ich möchte einen kleinen Teil dazu beitragen, Menschen mit meinem Projekt daran zu erinnern, wieviel wir mit Liebe, Zusammenhalt und Empathie erreichen können.

Irgendwann hat der Tag auch ein Ende und ich lese gerne vor dem Einschlafen oder verbringe Zeit mit meiner Familie und meinen lieben Freunden. Diese wundervollen Menschen geben mir immer Kraft. Ich bin sehr dankbar für meine Familie und für meine Freunde.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ich denke, dass sogar die simpelsten Dinge auch die wichtigsten sind, denn in so einer schnelllebigen Welt vergisst man genau diese Sachen zu oft. Damit meine ich vor allem nicht nur das Reden, sondern auch das aktive Zuhören. Wir haben manchmal ein so starkes Verlangen gehört zu werden, dass wir andere nicht hören. Ist diese Grundlage erfüllt ist die Basis gelegt für Fortschritt.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Kunst ist so ein breiter Begriff, aber hauptsächlich formen alle Arten von Kunst und Medien unser Verständnis der Welt. Kunst ist zuallererst Übermittler von Ideen und Vorstellungen, Kunst ist das Mikroskop, das ein Künstler auf die Geheimnisse der Welt einstellt. Bei dem ganzen Tumult in der Welt ist eine klare Kommunikation entscheidend und Kunst kann genau das sein. Deshalb sollte die Kunst auch stärker gefördert werden.

Was bei einem Aufbruch aber abseits davon wesentlich ist, ist sehr schwierig zu beantworten, aber die grundlegenden Begriffe, wie Respekt und Offenheit, geben den Ton in jedem Diskurs an.

Für mich persönlich ist bei einem Neubeginn entscheidend, dass man auch seine eigenen Grenzen überschreitet und Neues ausprobiert, von dem man früher nicht gedacht hätte, so etwas zu machen, also sozusagen mutig zu sein..

Was liest Du derzeit?

Terézia Mora – Das Ungeheuer

In ihrem Roman geht es um eine depressive Frau, welche Suizid begannen hat. Interessant ist hierbei, dass man zwei Erzählperspektiven hat. Durch einen horizontalen Trennstrich im Buch hat man oben die Perspektive des Ehemannes und unten die dazu passenden Einträge des Tagebuchs der verstorbenen Ehefrau.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„In dem Moment, in dem wir erkennen, dass unsere Zeit nicht unendlich ist, beginnen wir, diese Spanne mit aller Energie und aller Leidenschaft zu füllen, über unsere Grenzen hinauszudenken und jeden Augenblick so intensiv zu leben, wie wir es als Kinder getan haben.“

Vielen Dank für das Interview liebe Melinda Bauer, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theaterprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Melinda Bauer, Theaterpädagogin

Start | TheaterLiteraTour – Theaterprojekt: Szenische Lesungen für Kinder im Krankenhaus und Hospiz

Fotos_privat

Walter Pobaschnig _ 14.5.2023

https://literaturoutdoors.com

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