
Da ist der Krieg. Immer noch. Und da ist das Leben in Trümmern. In allem. Doch war es je anders?
Menschen irren umher auf der Suche nach einer Unterkunft und Nähe. Doch die Gewalt ist immer noch da. Verschwindet nicht…
Vera kommt zu Mali und ihrem Sohn. Mali öffnet die Tür. Brot, Marillenmarmelade, Obstler ist die Währung, die jetzt gilt. Und die Einsamkeit dazu…
Und jetzt beginnt Vera zu erzählen. Von der Nacht. Der Gewalt. Dem Stein, dem Baum und dem Regen. Alles noch da. Ganz nah…
Aber woanders noch Träume. Bei Grete. In der trostlosen Stadt…
Und sie alle geben nicht auf und stellen sich dem Tag und der Nacht, dem Gestern und Heute, dem Nichts und dem Alles, Stunde um Stunde…
„Wenn die Nächte nicht wären! Es hat eine Weile gedauert, bis sie begriffen hat, dass die Stimme, die sie jede zweite oder dritte Nacht aus dem Schlaf reißt, ihre eigene ist…“
Gudrun Seidenauer legt mit Ihrem neuen Roman eine erschütternde wie mitreißend spannende Geschichte des äußeren wie inneren Lebens und Überlebens im und nach dem Krieg vor, die aktueller nicht sein könnte.
Die Salzburger Schriftstellerin und Pädagogin fasst exemplarisch in die existentielle Mitte eines Kriegsgeschehens und packt dabei das brutale patriarchale Machtverhältnis an Kopf und Kragen und stellt dies anhand dreier weiblicher Lebensgeschichten in aller Schonungslosigkeit, Klarheit und Ausweglosigkeit dar. Dieser literarische Kunstgriff, der Geschichte und Gegenwart im gesellschaftlichen Rollengefälle bloßstellt und dabei die Wurzeln von Gewalt und Krieg mit viel Raffinesse in eine Erzählstruktur packt, ist einmalig und erinnert an ganz große literarische Namen wie Ingeborg Bachmann („Todesarten“).
Ein Roman, der in literarischer Raffinesse und Gesellschaftskritik Maßstäbe setzt. Sicherlich eine der besonderen bemerkenswertesten Überraschungen des Literaturjahres.
„Libellen im Winter“ Gudrun Seidenauer. Roman. Jung und Jung Verlag. 2023
Walter Pobaschnig 3_23
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