„Dass wir der Trash-„Kommunikation“ ein Ende bereiten“ Anke Glasmacher, Schriftstellerin_Köln 22.10.2021

Liebe Anke, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Die Woche ist bei mir zweigeteilt und hat sich auch in den letzten Monaten kaum verändert. Der weitaus größte Teil gehört einem „ganz normalen“ Brotberuf. Ich stehe recht früh auf, trinke ein, zwei Cappuccino, dann fahre ich ins Büro oder arbeite im Homeoffice. Nach Feierabend geht es zum Sporttraining. In der zweiten Wochenhälfte steht die Literatur im Vordergrund. Ich stehe immer noch früh auf, lese aber erst einmal in Ruhe Zeitung, freue mich auf TOM Touché in der taz und die klugen Artikel von Bernd Ulrich in der ZEIT, treffe mich zum Austausch mit anderen Autor*innen und vor allem: ich nehme mir Zeit zum Schreiben.

Anke Glasmacher, Schriftstellerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ich glaube, nach der längeren Phase von Selbstoptimierung brauchen wir wieder mehr Krisenkompetenz: den Blick weiten, die Perspektive von den Füßen auf den Kopf stellen. Dazu zählt auch, dass wir der Trash-„Kommunikation“ ein Ende bereiten, indem wir sie als das behandeln, das sie sein will: Trash, ein Stör-Senden. Eben genau keine Kommunikation.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Die Kunst hat in einer Gesellschaft immer eine wichtige Funktion. Sie spiegelt die Freiheit des Denkens. In der Kunst ist Unmögliches möglich. Kann Utopisches real werden. Aber dafür müssen wir uns als Künstler*innen selbst ernst nehmen, uns nicht in Genredebatten verlieren, als Unterhaltungskünstler*innen verkleinern lassen. Nicht der Markt, der Marktplatz ist unser Ort. Die schönen Künste müssen nicht schön sein. Sondern aufrichtig und wahrhaftig.

Was liest Du derzeit?

Hier liegen einige an- und noch ungelesene Bücher:

T.C. Boyle: Sind wir nicht Menschen

Colin Whitehead: Zone One; Die Nickel Boys

Javier Marias: Dein Gesicht morgen

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Ich weiß, manche Zitate wirken in ihrer Tonalität wie aus der Zeit gefallen. Aber Kants Gedanken zur Aufklärung finde ich hochaktuell. Hier also nochmal verkürzt Immanuel Kant: Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit / Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen (Immanuel Kant: Was ist Aufklärung).

Vielen Dank für das Interview liebe Anke, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Anke Glasmacher, Schriftstellerin

https://www.ankeglasmacher.com/

Fotos_1 privat; 2 Anke Glasmacher.

12.9.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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