„Erkennbar werden in dieser Zeit die gesellschaftspolitischen Notwendigkeiten“ Michael Hedwig, Künstler, Wien _4.9.2020

Lieber Michael, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Eine Mischung aus anhaltender Urlaubsstimmung, ich komme gerade aus Osttirol nach Wien, und Findung eines Überblicks im Atelier. Osttirol ist übrigens jener Bezirk Tirols ohne aktuell nachweisliche Coronafälle. Mein Tagesablauf ist bestimmt durch gemeinsames Kochen mit meiner Frau, Lesen, Zeichnen, Mathematik-Auffrischung mit unserem 10-jährigen Sohn, der in die erste AHS kommen wird. Scooby-Doo-Zeichentrickfilme schauen.

Michael Hedwig II

(Michael Hedwig, Großglockner bewundern, 31.07.2020, Foto: Simina Badea)

 

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Für mich ist jetzt besonders wichtig „da zu sein“. Eine leichte Struktur für den Alltag zu finden die uns als Familie einerseits Freiräume bietet, in der jede(r) ihre/seine Dinge erledigen kann und andererseits Zeiträume schafft, in denen wir zusammenfinden. – Das sollte jede(r) für sich selbst und ihre/seine nähere Umgebung definieren. Die engeren Strukturen kommen mit Schulbeginn wieder wie von selbst.

 

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst zu?

Ich denke, dem Wunsch nach Aufbruch und Neubeginn wird wohl noch etwas abwartende Geduld vorausgehen müssen. Leichter erkennbar werden in dieser Zeit die gesellschaftspolitischen Notwendigkeiten, von der Neubewertung unserer Gesamtstrukturen mit dem Ziel der Erlangung sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Balance bis zur Realisierung planetarischer Bewusstheit auf der Basis von Mitgefühl und Selbstverantwortung.

Die Kunst, lieber sage ich, „die Künste“ können auf diesem Weg Hinweise geben. Jedenfalls ein möglichst weiter „Künste-Begriff“ vorausgesetzt. Wir lernen aus allen Sparten.

Michael Hedwig _ Bild

(Michael Hedwig, distance learning, 2020, Acryl auf Leinwand, 2-teilig, 50x80cm)

 

Was liest Du derzeit?

Ich lese im „Wanderführer Osttirol“ sozusagen als Nachlese, und immer wieder „Das, was durchscheint durch das, was erscheint“ von Pir Vilayat Inayat Khan.

 

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Auf der schmalen Rundwanderung Ködnitztal hat die letzte Station das Thema „Klangspuren – In die Stille horchen“ (Wanderführer Osttirol)

„…Es ist eine Tatsache, dass die Photonen ihrer Aura mit einer Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern pro Sekunde durch den Raum reisen. Können Sie sich vorstellen: 300 000 Kilometer pro Sekunde! Schließlich treffen sie die Sterne.“ (Pir Vilayat Inayat Khan, „Das, was durscheint durch das, was erscheint.“ Kapitel 8, Arbeiten mit Licht, Seite 136)

Michael Hedwig

(Schlaf 1 und 2_Michael Hedwig _ Foto – Simina Badea)

 

Vielen Dank für das Interview lieber Michael, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

Vielen Dank!

 

5 Fragen an KünstlerInnen

Michael Hedwig, Künstler

https://www.hedwig.at/

 

9.8.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com