Ich bin mit Ingeborg Bachmann schon in frühen Jahren vertraut geworden. Die Einladung zum Interview hat jetzt wieder zu intensiverer Beschäftigung geführt. Das ist sehr spannend.
Ich denke, Ingeborg Bachmann war eine Suchende, eine mutig und unermüdlich Suchende. Im Leben wie im Schreiben. Da war immer Interesse und Wunsch nach der Welt, nach der Liebe da. Das war sehr direkt und unmittelbar – aber auch immer in einem umfassenden Sinne. Literarisch wie gesellschaftlich.
Sie war wohl auch persönlich sehr ambivalent. Sie hatte zwar die Hoffnung und den Glauben an die Liebe, sie hat das nie aufgegeben, aber andererseits war da auch eine Seite, die etwas Zerstörerisches hatte und damit dagegen gewirkt hat.
Ich merke das auch in der Gegenwart. Ambivalenz ist ein Wesenszug des modernen Menschen.
Ambivalenz ist wohl letztlich nicht zu begreifen. Es ist wohl einfach zu akzeptieren.
Ingeborg Bachmann hat sich wohl auch jemanden gewünscht, der für Sie da ist und für den Sie auch da sein kann.
Ich bin in Wien aufgewachsen, im Bezirk Josefstadt. Bin aber jetzt gerade umgezogen und mitten in der Wohnungsrenovierung, einer Herausforderung ganz alltäglicher wie umfassender Art.
Wenn mich die Leute fragen, warum ich Schauspielerin geworden bin, sage ich – ich habe das schon immer gewusst, dass ich das machen will.
Ich wollte immer zum Schauspiel, zum Theater, Film. Aber auch die Musik hat mich immer interessiert. Ich singe auch.
Meine Großeltern waren auch am Theater. Meine Großmutter war Tänzerin. Mein Großvater war Schauspieler und Regisseur, er schrieb auch ein eigenes Stück. Ich würde es gern einmal auf die Bühne bringen.
Ich bin die nächste Generation in meiner Familie, die das Schauspiel wieder aufgenommen hat. Aber auch die einzige in dieser. Meine Brüder gehen ganz andere berufliche Wege.
Das Theater, das ist wie eine Stimme in mir – „das machst Du , das ist das wozu Du auch hier bist. Und es wird Dich hoffentlich auch glücklich machen“.
Ich habe jetzt wieder ein Tagebuch als Begleiter für Gedanken und Gefühle. Bin aber zurückhaltend im Schreiben. Vielleicht, weil das Aussprechen oder Niederschreiben von Erlebnissen und Erfahrungen alles wieder so real macht. Es konfrontiert wieder. Das hält mich dann doch manchmal wieder davon ab. Und ich schiebe meine Gedanken und den Stift beiseite.
Im Beruf als Schauspielerin ist es oft so, dass ein Schritt zurück notwendig ist, um zwei Schritte nach vor zu kommen.
Sich Zeit nehmen zu schreiben, ist etwas Wunderbares.
Auf Wünsche zugehen und daran arbeiten wie an ihre Erfüllung glauben, hoffen. Ich denke, ich teile dies auch mit Ingeborg Bachmann.
Station bei Bachmann_Wien.
Interview_Fotoporträt Victoria Hauer, Schauspielerin, 20.9.2019
Alle Fotos_Walter Pobaschnig